Meine Kindheit in Russland
Liebe Veronika,
schön, dass ich Dich zu Deiner Kindheit interviewen darf. Nun zu der ersten großen Frage:
1. Wo bist Du denn aufgewachsen?
Ich bin bis zum 7 Lebensjahr in Russland in Rubzowsk aufgewachsen. 1996 sind wir nach Deutschland ausgewandert.
2. Gab es die gleiche Betreuung oder das gleiche Bildungsangebot bei Euch (Krippe, Kindergarten, Schule) wie hier in Deutschland?
Damals gab es eine Betreuung ab 3 Jahren in Kindergärten. Zu der Zeit ging ich mit meinem Bruder in den Kindergarten. Ich habe auch die Schule besucht, allerdings nur 4 Monate, weil wir danach ausgewandert sind. Dort gibt es also die gleichen Bildungsangebote.
3. Wie viele Generationen lebten unter einem Dach und hatte jeder sein eigenes Zimmer?
Wir lebten nur mit meinen Eltern. Wir hatten ein Schlafzimmer und ein Wohnzimmer. Also, schliefen wir alle in einem Raum. Mein Bruder und ich hatten allerdings jeweils unser eigenes Bett.
4. Wie unterschied sich der Alltag zu heute und mit welchen Schwierigkeiten hattet Ihr zu kämpfen?
Der Alltag unterschied sich sehr zu heute. Das Haus in dem wir damals lebten gehörte meinen Urgroßeltern. Es gab keine Heizung. Die Zimmer wurden durch zwei Kamine geheizt. Auf einem kleinen Gasherd wurde gekocht. Wir hatten auch keine Wasserleitung in unserem Haus. Das Wasser haben wir tatsächlich aus einem Brunnen geholt, der Brunnen war für alle Einwohner der Straße zugänglich. Gebadet haben wir in der selbstgebauten Banja (Sauna), die stand in unserem Garten neben dem Plumpsklo. Klopapier hatten wir nicht, wir benutzen Zeitungspapier. Wir haben viel selber angebaut wie Kartoffeln, Möhren, Erdbeeren. Meine Eltern sind beide arbeiten gewesen, trotzdem haben wir nicht so viel Geld gehabt. Nur für das Notwendigste, Süßigkeiten oder Obst haben wir nicht kaufen können. Meine Mutter hat viel eingekocht in Gläsern z.B. Gurken, Tomaten, Marmelade, russische Salate (so ähnlich wie Ratatouille). So hatten wir immer was im Vorratsschrank.
Ich weiß noch, als meine Eltern uns einmal Kakaopulver mitgebracht haben. Das war was besonderes und es ist mir bis heute noch in Erinnerung geblieben.
Wir haben an sich viel draußen gespielt, alle Kinder aus der Straße haben gemeinsam gespielt z.B. mit dem Ball, verstecken oder fangen.
5. Hattet Ihr viel Spielzeug? Wie war Eure Wertschätzung gegenüber Geschenken?
Ich kann mich nur an ein Kuscheltier, Fahrrad und eine Puppe erinnern. Wir hatten damals nicht viel. Haben es aber auch nicht vermisst, da wir immer mit anderen Kindern zusammen waren. Wenn wir was geschenkt bekommen haben z.B. Schokolade, Bonbons oder Marmeladenbrot haben wir uns sehr gefreut.
6. Wie würdest Du Deinen Glücksfaktor von früher beschreiben (warst du genauso zufrieden mit dem was du hattest oder nicht?)
Ich war zufrieden mit dem was ich hatte. Natürlich gab es Momente, wo ich neues Spielzeug oder eine bestimmte Süßigkeit haben wollte. Ich wusste damals schon, dass meine Eltern mir das kaufen würden, wenn sie es könnten. Ich akzeptierte die Situation.
7. Meinst Du Deine Kinder wachsen glücklicher oder sorgloser auf, wenn ja, warum?
Also, sorgloser auf jeden Fall. Da ich damals ja schon von klein auf mitbekam, dass wir manchmal kein Geld für Mehl oder Zucker hatten. Und meine Mutter von den Nachbarn etwas leihen musste. Diese Sorgen haben unsere Kinder nicht. Aber wir mussten nicht gänzlich hungern, wir hatten immer Essen da.
Dennoch denke ich, dass ich, wie auch meine Kinder eine glückliche Kindheit hatten/haben. Denn glücklich werden die Kinder ja nicht nur durch materielle Dinge, sondern besonders durch Zuneigung und Liebe. Und das hatte ich in meiner Kindheit bekommen und meine Kinder bekommen es auch von uns.
8. Was würdest du Dir für Dich und Deine Familie wünschen?
Das wir immer als Familie zusammenhalten und das Leben wertschätzen, das wir führen können.
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